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Hans Sommer

Hans Sommer jungHans Sommer (1837–1922) hieß mit vollständigem Namen Hans Friedrich August Zincken genannt Sommer und verwendete als Komponist neben der Namenskurzform Hans Sommer auch bis ca. 1870 das Pseudonym «E. T. Neckniz». Sommer war nach einem Mathematik- und Physikstudium in Göttingen, wo er auch nebenher bei dem Schumann- und Brahms-Freund Julius Otto Grimm und bei Adolf Bernhard Marx ersten Kompositionsunterricht erhalten hatte, nach Braunschweig zurückgekehrt und begann zunächst eine akademische Karriere als Mathematiker. Seine Mitarbeit im stiefväterlichen Betrieb, dem Fotoapparatehersteller Voigtländer & Sohn, und seine Grundlagenforschung im Bereich der Dioptrik machten ihn zum anerkannten Spezialisten für die analytische Darstellung von Linsensystemen (etwa zur Produktion von Fernrohren und Fotoobjektiven). Am Braunschweiger Polytechnikum Collegium Carolinum begann er 1859 Mathematik zu unterrichten, erhielt 1866 eine Professur für Mathematik und führte das Institut von 1875 bis 1881 als Direktor. In seine Amtszeit fiel die Erweiterung in eine der ersten Technischen Hochschulen Deutschlands.

Hans Sommer mit 50 Jahren1875 war Sommer erstmals mit Richard und Cosima Wagner zusammengetroffen und gründete im Anschluss in Braunschweig einen Richard-Wagner-Verein. Auch hatte er hier zwischen 1863 und 1870 als Konzertveranstalter gewirkt und Musikkritiken verfasst. Mit Mitte Vierzig ließ er sich dann frühpensionieren. Er ließ seine naturwissenschaftliche Reputation und seine gesellschaftliche Stellung hinter sich und wagte einen Neustart. Noch unverheiratet verließ er als jetzt freischaffender Komponist Braunschweig in Richtung Weimar, wo er kurzzeitig Unterricht bei Franz Liszt erhielt, dann in Richtung Italien, wo er einige Wochen in Capri vor allem komponierte, und ließ sich 1885 in Berlin nieder. Hier lebte er großbürgerlich von seinem Privatvermögen und fand auch privat sein Glück. Seinem neuen Stand gemäß heiratete er die verwitwete Tochter eines Musikerfreundes, des Baritons Karl Hill, einem führenden Wagner-Sänger seiner Zeit. In Bayreuth hatte Wagner Hill zum ersten Alberich und ersten Klingsor gemacht. Auf seiner Heimatbühne in Schwerin sang Hill exemplarisch alle großen Wagner-Rollen seines Fachs, Hans Sachs, den fliegenden Holländer und Wotan. Mit der Entscheidung, ein neues Leben zu beginnen, setzte Sommers Musikproduktion mit Vehemenz ein. Er publizierte zwischen 1882 und 1886 in teils hohen Auflagen mehr als 100 Klavierlieder, die ihn als Komponisten deutschlandweit bekannt machten und etablierten. 1888 zog er von Berlin nach Weimar. Karl Hill und ein weiterer Wagnersänger, Eugen Gura, wurden in dieser Zeit seine Hauptprotagonisten im Konzertsaal.

Hans Sommer1911 zusammen mit Siegfried Wagner vor dem Bayreuther Festspielhaus
Hans Sommer 1911 zusammen mit Siegfried Wagner vor dem Bayreuther Festspielhaus

Ab 1886 wandte er sich zunächst musikwissenschaftlichen Studien – Sommer besaß eine umfangreiche Musikbibliothek mit Manuskripten und weiteren Rara von Pergolesi und der Bach-Familie bis hin zur frühen Romantik – und dann vor allem der Opernkomposition zu. Nach zwei frühen Einaktern, von denen einer geheimnisumrankt 1865 in Braunschweig unter Sommers Pseudonym Neckniz zur Aufführung gelangt war, komponierte Sommer neun weitere Bühnenwerke: mehraktige Musikdramen, Märchenopern, Einakter und eine Bühnenmusik.Hans Sommer mit Hut um 1900 Seine Oper «Lorelei», die er 1889 fertiggestellt hatte und im Selbstverlag drucken ließ, beurteilte der junge Komponist der etwa gleichzeitig entstandenen Tondichtungen «Don Juan» und «Tod und Verklärung», Richard Strauss, in einem Brief an seinen Vater als «musikalisch zu dem Besten u. Interessantesten» gehörig, was «heute in Deutschland geschrieben wird.» Trotz zeitweiser Hilfe von Strauss, der Sommers Werke Kollegen zur Aufführung empfahl und neben der genannten «Lorelei» den Rübezahl» selbst dirigiert hatte, konnte sich keines seiner Bühnenwerke lange halten. Die Werke übten aber nicht unerheblichen Einfluss auf seine Zeitgenossen wie Engelbert Humperdinck, Eugen d’Albert und besonders Strauss aus und werden in letzter Zeit wieder beachtet, was sich an der Wiederaufführung des «Rübezahl» 2016 in Gera und 2017 in Altenberg ablesen lässt. Die Orchesterlieder Hans Sommers, die zwischen ca. 1860 und 1922 entstanden, sind erst vor rund 20 Jahren im Nachlass entdeckt und größtenteils erstmals an die Öffentlichkeit gelangt. Vor allem die Orchesterlieder, aber auch seine Klavierlieder und die Klavierkammermusik beginnen sich auf dem CD-Markt und in den Konzertsälen zu etablieren. Neu- oder Erstausgaben seiner Klavierlieder, von Orchesterliedern und einiger seiner Opern sind bei der Universal Edition und verschiedenen Reprintverlagen erschienen. Ries & Erler wird in nächster Zeit die Klavierkammermusik veröffentlichen.

Den Punkt, an dem Sommer der Moderne nicht mehr zu folgen bereit war, konnte er weiter hinauszögern als die meisten seiner Zeitgenossen. Noch 1908 postulierte er seine musikästhetischen Vorstellungen, indem er ein Plädoyer für die überzeitliche Geltung von Strauss‘ umstrittener Salomé veröffentlichte und Kritikern, die das Rad in Richtung der Klassiker zurückdrehen wollten, eine erst heutzutage übliche Sichtweise vorhielt, die an historisch-informierte Aufführungspraxis gemahnt, bei der er Mozart nicht rückwärtsgewandt als Ausgangspunkt einer Entwicklung oder Quelle der Inspiration für zeitgenössische Komponisten beschrieb, sondern die Sichtweise von Mozarts Zeitgenossen annahm und ihn als «Feuergeist» und Neuerer einordnete, der zu seiner Zeit ebenso wenig vollständig verstanden worden war und den man in die Gegenwart verpflanzt nicht wiedererkennen würde.

Von 1903 bis 1911 war Sommer Mitglied im Vorstand des Allgemeinen Deutschen Musik Vereins (ADMV), seit 1922 Mitglied der Akademie der Künste zu Berlin sowie seit 1895 der Niederländischen Maatschappij tot Bevordering der Toonkunst. Verdienste erwarb sich Sommer, der nie als Interpret gewirkt und nie unterrichtet hatte, als Organisator und – zusammen mit Strauss und Strauss‘ Jugendfreund Friedrich Rösch – als GEMA-Mitbegründer. Hans Sommer, laut Strauss «Urheber der ganzen Bewegung», war ab Februar 1899 Vorsitzender des Gesamtvorstands und damit der erste Vorsitzende der 1898 in Leipzig von Richard Strauss einberufenen Genossenschaft Deutscher Komponisten, die musikalische Urheberschutz-Bestrebungen in Deutschland institutionalisierte und 1903 nach der Verständigung mit den Musikverlegern und nachdem man sich in Genossenschaft Deutscher Tonsetzer (GDT) umbenannt und formal neu gegründet hatte, mit der AFMA eine Verwertungsgesellschaft etablierte, die bis heute in der GEMA fortbesteht.

 

 
     
     
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